Wie übt man richtig Klavier?

Besuchen Sie mich auf
Klavierunterricht Freiburg - Jörg Thunemann auf YouTube
Tipps zum Klavier üben: zusammengestellt von Jörg Thunemann
Dipl. Klavierpädagoge und Pianist aus Freiburg.
Richtiges Klavier üben bedeutet: Alles Notwendige zu tun, um die Musik, den musikalischen Inhalt zum Leben zu erwecken, zum hörbaren Erlebnis zu machen. Das heißt konkret:
1. Sich eine klare Vorstellung des musikalischen Inhalts aneignen.
Sich überlegen, welche emotionalen Inhalte durch das Stück ausgedrückt
werden. Man beachte dabei auch die feinen klanglichen Unterschiede und
dynamische Abstufungen. Wie ist der musikalische Spannungsverlauf, wo
ist der Höhepunkt (wie im Aufsatz)? Wie ist das Stück formal
aufgebaut? Gute Interpretationen anhören, die Noten mitlesen und auf
diese Feinheiten achten. Allgemein viel gute Musik hören.
2. Sofort die Umsetzung des musikalischen Inhaltes anstreben.
Alle Artikulations- und Dynamikzeichen schon beim Einstudieren der
Noten beachten, den musikalischen Ausdruck möglichst sofort mit
einüben. Zuerst irgendwie die Noten lernen und dann die Musik später
hinzufügen scheitert, weil es in der Regel einfach nicht gemacht wird.
Es kostet enorme Anstrengung, oberflächlich einstudierte Abläufe
wieder zu ändern. Zudem wäre dies doppelte Arbeit und deshalb eine
erhebliche Zeitverschwendung. Es macht absolut keinen Sinn und keinen
Spaß "unmusikalisch" zu üben.
3. Technische Probleme kreativ meistern.
Aus den im Stück vorkommenden Elementen möglichst vielseitig Übungen
entwickeln. Virtuose Aufgaben, die oft mit sportlichen Anforderungen
vergleichbar sind, verlangen in aller Regel großes Durchhaltevermögen.
Aber auch hier gilt: Je kreativer ich übe, desto mehr Spaß habe ich,
umso leichter fällt das Durchhalten.
4. Konzentriert üben.
Was bedeutet Konzentration? Laut Duden: "Geistige Anspannung, höchste
Aufmerksamkeit, die auf eine Tätigkeit o.ä. gerichtet ist." Ein Zen
Meister würde es wahrscheinlich so ausdrücken: "Wenn ich Klavier
spiele, dann spiele ich Klavier, wenn ich übe, dann übe ich" - oder so
ähnlich. Klingt eigentlich ganz einfach.
5. Nicht mechanisch üben.
Erzfeind der Konzentration ist mechanisches Üben. Das bedeutet
natürlich nicht, dass es sinnlos ist, Tonleitern, oder andere rein
technische Elemente zu üben. Ganz im Gegenteil. Gerade bei technischen
Übungen, wo musikalischer Inhalt fehlt, ist unsere Kreativität
besonders gefragt. Wir müssen der Übung quasi "Inhalt" geben. So
können wir beispielsweise eine Tonleiter legato, staccato, in
unterschiedlicher Lautstärke, verschiedenen Phrasierungen, Rhythmen
usw. spielen. Es kann sogar sinnvoll sein, emotionale Inhalte
hinzuzufügen. Man kann auch eine Tonleiter lustig, traurig, feierlich
usw. spielen. Weitere emotionale Eigenschaften wären z.B.: begeistert,
erhaben, wütend, freudig, streng, romantisch... usw. Erstellen Sie am
besten Ihre eigene Liste. Grundsätzlich sollten wir immer versuchen,
selbst die trockenste Übung in lebendige Musik zu verwandeln.
Spätestens, wenn die Gedanken abwandern, müssen wir uns eine neue
Variante ausdenken. Die Konzentrationsfähigkeit ist zwar sehr
individuell, jede Übung sollte aber nach wenigen Minuten zum Erreichen
eines gesetzten Zieles führen.
6. Eins nach dem Anderen.
Wenn man versucht alles auf einmal umzusetzen, wird man am Ende gar
nichts erreichen. Klavier spielen ist eine komplexe Tätigkeit. Man
muss natürlich die Fähigkeit entwickeln, letztendlich viele Dinge
gleichzeitig zu kontrollieren. Aber das lernt man am besten, wenn man
die verschiedenen Aufgaben zerlegt und eine nach der anderen löst.
Selbstverständlich dürfen wir dabei nicht den Blick fürs Ganze
verlieren, den musikalischen Inhalt.
7. Klare, machbare (Teil-)Ziele setzen und diese erreichen.
Je konkreter das Ziel ist, desto schneller kann man es auch beim Üben
erreichen. Beim Üben eines Abschnittes versucht man beispielsweise auf
korrekten Fingersatz zu achten oder man konzentriert sich nur auf den
richtigen Rhythmus., die Dynamik, die Artikulation... Auf keinen Fall
auf alles gleichzeitig! ("rotierende Aufmerksamkeit")
7. Sich selbst zuhören.
Um die Qualität beständig zu erhöhen, ist es nötig, die objektiven
hörbaren Ergebnisse bewusst wahrzunehmen. Auch dies funktioniert nur
mit Konzentration. Der Schüler muss dazu erzogen werden, jede falsche
Note, jede Ungenauigkeit, unangemessenen Klang (zu hart, zu weich,
unbeabsichtigte Akzente), einfach alles was nicht zur überzeugenden
Interpretation beiträgt, wahrzunehmen und sofort zu korrigieren. Der
Wille sich selbst bewusst zu zuhören, hilft allerdings auch
konzentriert zu bleiben. Um dies zu erreichen muss man:
8. Langsam und kontrolliert üben.
Zu schnelles Üben verhindert sorgfältiges Zuhören und bewusstes
Wahrnehmen des realen Spieles. Deswegen muss man das Tempo so langsam
wählen, dass alles bewusst hörbar und nachvollziehbar ist